Audio/Video

Galerie zur Expert*innen-Wanderung "Wissen schafft Gerechtigkeit"

Am 23.09.2021 luden SÜDWIND und die Stadt Bonn unter dem Motto „Wissenschaf(f)t Gerechtigkeit“ zu einer Expert*innen-Wanderung. Bei verschiedenen Bonner Organisationen konnten die Teilnehmenden erfahren, wie „Wissen made in Bonn“ zu Veränderung im Sinne der globalen Nachhaltigkeitsziele beiträgt. Die Künstlerin Caroline Pochon (Tools and Moods) hielt die Beispiele mit Graphic Recording fest. Die Kunstwerke finden Sie in der unten stehenden Online-Galerie. (Beschreibungen zu den Beispielen unten).

Einrücke der Veranstaltung finden Sie hier.

Zu den in den Grafiken beschriebenen Beispielen:

1) Bonner Allianz für Nachhaltigkeitsforschung: Der Forschungsverbund hat das Ziel Projekte im komplexen Themenfeld der nachhaltigen Entwicklung mit gebündelter Expertise und Erfahrung anzugehen. Prof. Dr. Jakob Rhyner stellte ein Beispiel aus der Arbeit der Universität der Vereinten Nationen als Allianz-Mitglied vor: In der Ermittlung von Umweltrisiken im Süden Bangladeschs stellte sich heraus, dass die Bevölkerung unzureichend von Zyklonen geschützt ist. Mit einem Wetterdienst wurde daher ein Frühwarnsystem für Extremwetterereignisse entwickelt. Aufgrund mangelnder Zugänge zu technischen Warnsystemen war die Zusammenarbeit mit lokalen Gruppen, z.B. Schulkindern, von besonderer Relevanz. Mit fortschreitendem Klimawandel werden Frühwarnsysteme vor Extremwetterereignissen immer wichtiger. Wissenschaft kann hier einen wichtigen Beitrag für Anpassungsmaßnahmen leisten.

2) Deutsches Institut für Entwicklungspolitik: Das DIE berät auf der Grundlage von Forschung öffentliche Institutionen in Deutschland und weltweit zu aktuellen Fragen der Zusammenarbeit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Dr. Max Baumann berichtete aus dem Forschungs- und Wirkungsfeld der Entwicklungsfinanzierung: Anhand von Länderstudien konnte das DIE zeigen, dass die oft favorisierten gebundenen Beiträge weniger Wirkung entfalten als ungebundene Kernbeiträge, über die Organisationen der Vereinten Nationen im Rahmen ihrer definierten Aufgaben frei verfügen können. Denn letztere ermöglichen den Aufbau von langfristig verändernden Strukturen anstelle kurzweiliger Projekte. Die Forschung prägte Diskussionen bei den Vereinten Nationen. Hier wurde 2019 ein Pakt beschossen, der Geberländer verpflichtet, mehr Kernbeiträge zu zahlen (Artikel zum Thema).

3) Vereinte Nationen in Bonn: Die Vereinten Nationen sind mit über 20 Organisationen in Bonn vertreten. Klimawandel, Wüstenbildung, biologische Artenvielfalt, globale Freiwilligeneinsätze, Gesundheit, menschliche Sicherheit, das Management von Katastrophenrisiken und satellitengestützte Informationssysteme und Berufsbildung gehören zu den in Bonn angesiedelten Tätigkeitsfeldern. Wie Harald Ganns ausführte, machen die UN Organisationen die Stadt zu einem zentralen Knotenpunkt in der Erreichung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele. In durch das UN-Klimasekretariat organisierten Konferenzen und Prozessen fließt Forschung ein, die über den Weltklimarat (IPCC, Sitz in Genf) in breiten internationalen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen und Review-Prozessen in Sachstandsberichten zusammengetragen wurde. Gleichzeitig ist Bonn Standort der deutschen Koordinierungsstelle des Weltbiodiversitätrats (IPBES), der den globalen Forschungsstand zum Thema Artenvielfalt und den Leistungen von Ökosystemen als Entscheidungshilfe und Information für politische Prozesse aufbereitet.

4) FEMNET e.V.: Die NGO setzt sich mit politischem Engagement, Bildungs- und Beratungsarbeit sowie einem Solidaritätsfonds für die Rechte von Frauen in der globalen Bekleidungsindustrie ein. FEMNET fordert, dass Unternehmen Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und Politik dafür verbindliche Regeln schafft. Sabine Kaldonek berichtete, wie FEMNET über Forschung zur modernen Sklaverei in den Spinnereien im indischen Bundesstaat Tamil Nadu breites Bewusstsein zu dieser Problematik schaffen konnte. Die meist minderjährigen Arbeiterinnen leben im sogenannten Camp Labour System auf dem Fabrikgelände. 12 Stunden-Arbeitstage oder -nächte sind die Regel, häufig mit nur einem freien Tag pro Woche. FEMNET konnte auf Basis der Forschung eine Bündnisinitiative im Textilbündnis anstoßen, über die Trainings für Management und Arbeiter*innen zu Beschwerdemechanismen sowie Arbeitsrechte und -standards in über 100 Spinnereien durchgeführt wurden.

5) Global Nature Fund: Die internationale Stiftung führt weltweit mit lokalen Partnern Projekte aus Naturschutz und Biodiversität; Klimaschutz und Erneuerbare Energien sowie Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung durch. Andrea Reuter von Forschung und Engagement der Stiftung zu nachhaltigen Investments: Wie können Wald- und Biodiversitätsschutz durch neue und innovative Finanzierungsmechanismen gefördert werden? Einen positiven sozialen und ökologischen Mehrwert konnten z.B. Projekte erzielen, die Geld in der lokalen Währung bereit stellten, Mitbestimmung groß schrieben und auf ökologische Landwirtschaft setzen. Auf Basis der Forschung wurden Empfehlungen für Investoren, Projektentwickler und Politik erarbeitet.

6) Stiftung Umwelt und Entwicklung: Die von der Landesregierung NRW gegründete Stiftung fördert bürgerschaftliches Engagement für nachhaltige Entwicklung in NRW, z.B. in der Umweltbildung und entwicklungspolitischen Bildung, interkulturellem Lernen und dem Themenfeld nachhaltiger Konsum und Produktion. Zivilgesellschaftlichen Akteuren in NRW bietet sie dabei verschiedene Werkzeuge (finanzielle Förderung, Wissen, Tools und Beratung zur Projektumsetzung) an. Frank Griesel berichtete in diesem Zusammenhang z.B. vom Projekt Weiter-Wirken, einem Weiterbildungsprogramm, in das Erkenntnisse aus der Verhaltens- und Kommunikationsforschung einfließen, und welches zivilgesellschaftliche Akteure in einer wirkungsorientierten Projektentwicklung unterstützt.

7) Germanwatch: Die Entwicklungs- und Umweltorganisation arbeitet an der Veränderung von Strukturen im Norden, um Menschen in Ländern des Globalen Südens Chancen für eigenständige Entwicklungswege zu ermöglichen. Arbeitsschwerpunkte von Germanwatch sind unter anderem  Klimaschutz und Klimafinanzierung, Unternehmensverantwortung, Welternährung, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Digitalisierung. Seit 2005 veröffentlicht Germanwatch mit weiteren Akteuren den Climate Change Performance Index (CCPI, dt. Klimaschutzindex). Dieser ist ein unabhängiges Kontrollinstrument, um die Klimaschutzbemühungen von 57 Ländern und der EU zu messen. Damit verbessert der Index die Transparenz in der internationalen Klimapolitik und ermöglicht einen Vergleich der Klimaschutzleistungen und Fortschritte der einzelnen Länder. Er bringt damit Dynamik in die Bemühungen der Länder, durch ambitioniertere Klimapolitik zu Klimagerechtigkeit beizutragen.

8) SÜDWIND: Das SÜDWIND-Institut arbeitet mit Forschen und Handeln zu Themen einer gerechten Weltwirtschaft, sehr viel auch zu Arbeits- und Sozialstandards in weltweiten Wertschöpfungsketten. Wie Friedel Hütz-Adams berichtete, sind Arbeitsbedingungen und Menschenrechte im Kakao-Anbau seit langen Jahren ein Schwerpunkt. Im Fokus steht dabei z.B. die problematische Einkommenssituation der Kakaobauern in Westafrika und die Möglichkeiten, ihre Einkommen zu steigern. Bereits 2010 wies SÜDWIND in Befragungen Unternehmen auf ihre sogenannte Pflicht zur menschenrechtlichen Sorgfalt hin. Damals stritten Schokoladenfirmen noch ab, dass sie verantwortlich sind für das, was auf den Plantagen passiert. Mit dem Beschluss zum deutschen Lieferkettengesetz wurde diese Pflicht nun gesetzlich festgeschrieben. SÜDWIND konnte mit Studien zur Bewusstseinsbildung für diese Verantwortung von Unternehmen beitragen und hat sich in der Initiative Lieferkettengesetz für eine gesetzliche Regulierung stark gemacht.  

9) Global Policy Forum: Der unabhängige politische Think Tank analysiert Aktivitäten der Vereinten Nationen und multilaterale Prozesse kritisch und berichtet darüber. Wie Jens Martens berichtete, begleitete das GPF den Prozess der 2015 beschlossenen globalen Nachhaltigkeitsziele SDG bereits seit 2012. Die Organisation hat sich dafür eingesetzt, dass es eine internationale Reflection Group aus zivilgesellschaftlichem Blickwinkel die Umsetzung der SDG kritisch beobachtet und begleitet. „Spotlight“-Berichte der Gruppe richten den Blick auf strukturelle Hindernisse, die der Umsetzung der SDG im Wege stehen, und geben so wichtige Impulse für kohärentes politisches Handeln.

 

Die Expert*innen-Wanderung "Wissenschaf(f)t Gerechtigkeit" fand in Kooperation mit der Stadt Bonn statt und wurde gefördert durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW.

Zurück

Online spenden